Menschensplitter: Die Literatur der Mona May

ein Gastbeitrag von Lotta Blau

Sie sind so gefüllt, diese Worte, der Autorin Mona May

Es ist wahr! Der Durst nach Liebe ist in uns allen und wir suchen danach. Auf unterschiedlichsten Ebenen, die die Liebe ausmachen. Diese Allumfassende, die dieses Wort ausmacht, das so brachial unsere ganze Existenz tangiert…Liebe. Diese ewige Suche nach dem Sinn des Lebens, dieses ewige Erhaschen des Glücks, dieses stetige Begreifen (wollen), was uns eigentlich ausmacht, was uns zusammenhält und was unsere Auf – und Untergänge sind. In uns ist Welt und um uns ist sie. Ich bin versunken beim Lesen ihrer Texte und Treibholz bin ich, das sich seine Sprach-Ufer sucht. Dort unten, in den Tiefen, dort, wo die Sprache ihre Emotionen – Anker auswirft, dort kann es sehr dunkel sein. Oder aber es beginnen Funken die Worte zu erhitzen. Impulse werden freigesetzt. Es beginnt etwas zu rumoren. Wir suchen und suchen, wir wünschen, wir hungern nach Emotionen, die wir vorher ausgeschwitzt haben. Wer weiß wie. Jeder hat seine eigene Geschichte und jeder geht in seinen Kinderschuhen durch die Lebensjahre bis zum Tod. Es sind vielleicht die einzigen Schuhe, die sich nie abnutzen und aus denen wir nie hinauswachsen können. So viele wir danach auch überziehen, so bleiben unsere nackten Füße doch nur in den einen stecken. Die Dornen der Kindheit stechen sich ins Fleisch. Ein ganzes Leben lang. „Schwelend Dunkelwelt“, die sich wie Pergamentpapier überwirft. Jene Momente des Erinnerns. Es reicht oftmals ein Bild, ein Ton, ein Geruch…und es öffnet sich das innere Tagebuch. Geschrieben, seit der Geburt. Sekunde, für Sekunde. Es lebt und protokolliert alle Facetten des Unsagbaren und des Sagbaren. Aber es verliert seine schwarze Tinte nicht. Auch, wenn sie verwischt oder verschwimmt. Egal, ob Freude, Liebe oder Scham und Leid. Wir sind dieser ganze brachiale Verarbeitungsdschungel. Unaufhörlich wuchern seine Lianen, umschlingen das freie Atmen. Manchmal gelingt das Verdorren. Lange durch die inneren Wüsten gewandert, auf der Suche nach der Oase des Ichs. Auftanken…Schattentänze und Dünenmeere, die mit ihren Wellen die Sandkörner antreiben, bis sie im Getriebe landen und Stillstand einfordern. Sandbegraben suchen die Hände nach Halt und Ufer. Das Ewige blüht einsam.

Es kann aber auch sein, dass man plötzlich jemand am Ufer sieht. Ohne ihn zu kennen … fühlt man eine gewisse Nähe, eine Verbundenheit. So geht es mir mit Mona Mays Texten. Beinah eine Vertrautheit und doch gehört auch die Fremde dazu. Es ist aber auch das Ertrinken wahr, ebenso, wie das Abgestorbene, das Verkümmerte in uns. Der Schmetterling im Keller seines Ichs, an seinen Flügeln ein Stein der Last. Er kann uns weiser machen oder aber uns im Dunkeln halten. Verpuppte Raupen…die Wandlungen des Lebens.

Schon allein das Wort: Menschensplitter…es zog mir ein Frösteln durch die Atemwege. Weil es so stimmt…was zersplittert uns? Welche Splitter schleifen sich ab und fügen sich zusammen, zur großen Spiegelung unseres Selbst. Und welche bleiben scharfkantig und schneiden uns jedes Mal wieder in Herz und Seele? Welche öffnen das Dunkel, welche überschreiten Hand in Hand die Schwelle zum Staub und wehen davon? Es gibt auch die, die schlafende Rosenstile sind. Ihre Blüten treiben Schollen vor sich her. Sie schieben sich irgendwann zusammen und dann erblüht diese Rose.

Um in die Tiefe zu gelangen braucht es die Höhe. Um Schatten wahrzunehmen braucht es Licht. Das Ich will sich betrachten, will Leben, will SEIN. Gespiegelte Splitter aus „Dortort“. Dieser Ort bebildert sich für jeden anders und doch ist er in jedem. Er spricht zu uns. Es durchwandert durch Mona Mays Texte mit Hochspannung die Impuls – Leitungen. Geladen mit negativen, wie positiven Spannungsfeldern bis zum beginnenden Wortgeflüster/Monologe. Es erinnert an Metapherngeräusche beim Lesen von Bachmann, Celan oder Rimbauds Texten. Literatur, die sich ein Sprachnest in mir baut. Wort für Wort. Irgendwo sollte beim Lesen Berührung entstehen. Ich bin zutiefst berührt.Ich musste nicht lange warten und überlegen, wie ich wohl den Text über ihre Literatur beginne, aber ich hab sie lange und immer wieder auf mich wirken lassen, bevor ich mit dem Schreiben begann. Es soll keine gewöhnliche „Abhandlung“ oder Kritik werden. Der erste Satz, der Einstieg eines Textes ist immer entscheidend. Der Leser will mitgenommen werden und er braucht, so lernte ich es einmal, immer wieder für das Auge Absätze in längeren Texten. Sie lassen das Auge ruhen und dadurch kann das Gelesene besser aufgenommen werden und beugt dem Ermüden vor. Ich selbst arbeite darum in vielen meiner Geschichten und auch in meinem Roman damit und habe auch mit diesen drei netten, kleinen Punkten… Ich will Pausen schaffen, die Raum geben, die auch im Lesen die Schnelligkeit bremsen und so auch die Chance geben zu verinnerlichen. Wie oft will mein Kopf noch weiter lesen, aber meine Augen sind müde, auch von der oft viel zu kleinen Schriftgröße und Literatur ist zwar heute ein Massenmedium, aber genau darum will ich mich dagegen auflehnen. Ich schätze darum insbesondere Literaten, die es schaffen mir beim Lesen ihrer Werke Raum und Atmen zu verschaffen. So, wie Mona May/ Künstlerische Leiterin argeLeute, Theater&Tanzschaffende, Dramatikerin, Wortmalerin, Kunstvisionärin, Regisseurin, Freigeist

So will ich noch zu ihr sagen:

Wenn ein Wort Inhalt gewinnt, füllt sich seine Hülse mit Bedeutung.

Lotta Blau, Nov.2020

Folgende Bücher von Mona May sind im Handel erhältlich:

argeWorte: Wortskulpturen

Lyrik ohne Punkt und Komma

Info: www.argeleute.com

Author: Lotta Blau

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