Birgit Fuchs: Wenn eine viele Reisen tut, so kann sie was erzählen

ein Porträt von Mona May

Manche haben es und manche haben es nicht: das gewisse Etwas.

Sie hat es und das nicht nur wegen ihres strahlenden und bezaubernden Wesens. Ihre charismatische Ausstrahlung ist das eine, ihre vielen Talente sind das andere. Die weltoffene und weitgereiste Schauspielerin Birgit Fuchs ist dabei von einer ausgeprägten Liebenswürdigkeit, von der ich mich sofort vereinnahmen ließ.

Wie sie ihre Vielseitigkeit händelt, ist für mich immer wieder erstaunlich, denn so viele Talente unter einen einzigen Hut zu bringen, ist ja schon wieder eine Kunst für sich alleine. Zum Glück verfügt sie aber über ein ausgezeichnetes Organisationstalen, das sie nicht zuletzt ihren Ausbildungen im Gesundheitsmanagement und Tourismuswesen verdankt, die sie absolvierte, bevor sie sich entschloss ihren Traumberuf zu ergreifen und sich mit Leib und Seele der Schauspielkunst zu verschreiben.

Als tiefsinniger Feingeist hat sie das Zeug zur brillianten Solistin, obgleich sie eher eine Teamplayerin ist, die es nicht notwendig hat sich in den Vordergrund zu spielen. In ihr begegnen wir einer Persönlichkeit von großem menschlichen und künstlerischen Format.

Wenn ich die vielen Talente, der 1987 in Graz geborenen und in Wien lebenden Künstlerin, aufzählen soll, muss ich aufpassen, dass ich keines vergesse.

Womit beginne ich am besten?

Dass sie das Handwerkszeug der Schauspielkunst bravourös beherrscht, scheint uns eine Selbstverständlichkeit, dass sie aber auch Regie führt und dann noch „wie ein Engerl singt“, wie mir ein Musiker anvertraute, mit dem wir beide zusammengearbeitet haben, das ist nicht mehr ganz so selbstverständlich.

Zudem tanzt sie wie eine Anna Pawlowa – gut, ich gebe zu, dass ich da jetzt ein klein wenig übertreibe – was aber ihrem tänzerischen Können und ihrer Bewegungsfreude keinen Abbruch tut. Und weil sie über jede Menge Humor verfügt, behaupte ich jetzt einfach mal, dass sogar das Jodeln, Seilspringen, Kopfstehen, Einradfahren und Jonglieren zu ihrem Repertoire zählen. Ich hoffe, ich habe mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt, aber was soll’s, demnächst, wenn wir uns wieder sehen, werde ich sie darauf ansprechen. Und ich hoffe, wir werden darüber lachen, denn das kann man mit ihr eben in wunderbarer Weise, genausogut wie man mit ihr philosophieren und tiefsinnige Gespräche über die Kunst und das Leben führen kann.

Eines ist sicher: ihre Experimentierfreude und ihr Mut sich auf Neues einzulassen kennt fast keine Grenzen. Alles, was ihre Neugierde und ihr Interesse weckt, wird auf ihre Bereitschaft stoßen, sich auf unerprobtes Terrain zu begeben. Wobei sie Herausforderungen, sei es bei Rollenangeboten oder anderen Projekten, die Tiefgang oder durchaus kritische Aussagekraft besitzen, bevorzugt. So war eines ihrer letzten Projekte das Einpersonenstück „Begierde und Fahrerlaubnis“ von Elfriede Jelinek, das sie in Eigenregie für das Theater Freiraum² / Kärnten umsetzte. Das puristische Stück war ein großer Erfolg, gerade weil Birgit Fuchs über die Gabe verfügt, das Essenzielle aus einem Stoff herauszufiltern.

Sie bringt – sei es als Darstellerin oder Regisseurin – Inhaltliches auf den Punkt und bedient sich dabei einer klaren Sprache und vor allem eines eigenen ästhetischen Ausdrucks.

Abgerundet wird ihr bisheriger künstlerischer Werdegang durch ihr Mitwirken in Filmproduktionen, sowohl als Schauspielerin und auch als Sprecherin.

Fehlt noch was?

Ach ja, die zertifizierte Yogalehrerin hält sich gerne in der Natur auf und liebt das Schreiben, Fotografieren und Malen. Aber lassen wir sie jetzt selbst zu Wort kommen.

 

Das Interview

Hallo Birgit, ich freue mich, dich interviewen zu dürfen. Und hier kommt auch schon meine erste Frage, die sich auf deinen familiären Background bezieht. In welchem sozialen und familiären Milieu bist du aufgewachsen?

Danke für die Einladung zu diesem Interview, Nun, ich bin in Graz-Umgebung aufgewachsen, in der Nähe eines Ortes mit damals etwa zweitausend Einwohnern. Bevor ich geboren wurde haben meine Eltern das Haus, in dem wir lebten, selbst gebaut, es hat einen großen Garten und einen angrenzenden Wald.Ich war immer viel draußen in der Natur. Oft war ich den ganzen Tag nicht zu sehen – das erzählte mir zumindest meine Mutter. Sie war immer sehr liebevoll und immer bemüht das Beste für uns zu machen.

Um immer für uns da sein zu können, übte sie lange Zeit den Fulltime-Job Mutter und Hausfrau aus. Seit längerem ist sie, als Lebens-, Sozialberaterin und Sozialpädagogin in der Erwachsenenbildung tätig. Sie hat einen Verein gegründet, der ganzheitliche gesundheitsfördernde Bildungsangebote für alle Generationen anbietet. Mittlerweile leitet diesen meine ältere Schwester.

Mein Vater ist seit drei Jahren – nach einunddreißig Jahren an der HTL Weiz – in Pension. Er war ein sehr engagierter und beliebter Professor und Kollege, was mich nicht wundert. Ich hätte immer gerne Mäuschen gespielt, um ihn bei seiner Arbeit zu erleben. Jetzt ist er draußen sehr aktiv und werkt im Garten und im Wald.

Ja, und ich habe zwei Schwestern – eine um zwei Jahre ältere und eine acht Jahre jüngere. Die beiden sind wundervolle Frauen. Meine ältere Schwester gibt es für mich seit ich am Leben bin, wir haben viel miteinander erlebt, viel gespielt und natürlich auch viel gestritten. Als meine kleine Schwester auf die Welt kam, war sie vom ersten Moment an mein Ein und Alles, ich habe viel Zeit mit ihr verbracht. Wir drei Schwestern sind sehr unterschiedlich, teilen aber grundlegende Werte, die wir von Daheim mitbekommen haben: Wertschätzung, Achtung, Liebe, Vertrauen, Empathie, Verlässlichkeit.

Meine ganze Familie lebt nach wie vor in der Steiermark, nur ich habe schon als Kind von der großen weiten Welt geträumt und die Sehnsucht verspürt diese zu erkunden, was ich dann ja auch machte.

Und was bedeuten dir die Begriffe Familie und Heimat heute?

Ein Gefühl von Sicherheit und Verbundenheit. Geografisch gesehen ist die Steiermark meine Heimat, emotional vor allem meine Familie. Ich bin ja schon immer sehr viel unterwegs gewesen und es gibt einen Satz den ich immer in mir mittrage: „Zuhause ist dort, wo mein Herz ist.“

So gesehen habe ich schon viele Zuhause gehabt, manche habe ich noch immer, weil bei jeden Wiederkommen ein Zuhausegefühl entsteht. Meine Familie ist sowieso immer in der einen oder anderen Art und Weise in meinem Herzen. Und heim zu kommen ist dann auch noch einmal etwas ganz anderes, als zu Hause zu sein.

Wie stand es um die Kunst in deiner Familie?

Hm, meine Mutter hat viele Jahre lang gemalt und hat eine sehr künstlerische Ader, auch was das Schreiben betrifft und mein Opa hat das Wagnerhandwerk in den 40iger Jahren erlernt. Auch wenn er keine Wagenräder mehr baut, so arbeitet er heute noch – mit seinen sechsundneunzig Jahren – in seiner Werkstatt und fertigt schöne Dinge aus Zirbenholz an. Auch das empfinde ich als Kunst.

Wann und wie fandest du dann heraus, dass es dich zur darstellenden Kunst zieht?

Sehr früh. Im Kindergarten. Eine liebe Freundin erinnerte mich daran, indem sie mir ein Foto von meinem Eintrag in ihr Freundschaftsbuch gesendet hat, als sie hörte, dass ich eine Schauspielausbildung mache. Unter Traumberuf stand dort: Schauspielerin oder Sängerin.

Wahrscheinlich habe ich das nicht früher verfolgen können, weil es eben in meinem Umfeld niemanden gab, der das erkennen und fördern konnte. Ich selbst bin immer wieder mal in diese Richtung gestartet, belegte einen Schauspielkurs und sang im Chor des Gymnasiums mit. Nach der Matura druckte ich sogar die Bewerbungsunterlagen der Kunstuni Graz aus – die blieben dann aber am Schreibtisch liegen. Ich habe mich einfach nicht getraut, eine Stimme in mir sagte „Die nehmen dich nie.“

Auch wenn dieser Wunsch immer der tiefliegenste war, haben mich so viele andere Bereiche interessiert, egal ob in Richtung Technik, Wissenschaft, Sprachen, Biologie, Sozialwissenschaften und vieles mehr. Ich wollte – und will noch immer – am liebsten alles lernen und erfahren. Ich fotografiere auch gerne, ich schreibe, ich singe, ich male, bewege mich gerne und alles, was mit Gestaltung und mit Ausdruck zu tun hat, scheint mich so richtig zu „kriegen“. Meine neueste Liebe ist mein Cello. Bei so vielen Interessen ist das immer so eine Sache mit dem Fokus. Beruflich liegt der vor allem beim Theater, Film und der Sprecherinnentätigkeit, aber auch alles andere will immer wieder genährt werden.

So viel ich weiß, hast du vor deiner Schauspielausbildung einen anderen Beruf ausgeübt, welche Ausbildungen hast du genossen? Und gab es Vorbilder oder Lehrer_innen, die dich prägten?

Ja, genau, vor einigen Jahren habe ich den Lehrgang Schauspiel und Gesang am damaligen Kärntner Landeskonservatorium absolvierrt und davor studierte ich Gesundheitsmanagement im Tourismus und Strategisches Management. Auch diese beiden Studien habe ich abgeschlossen und war dann zwei Jahre in diesem Bereich tätig.

Mich an einzelnen Vorbildern zu orientieren, das habe ich nie gemacht, dafür aber an bestimmten Werten. Ich begegne fast täglich einem Vorbild. Gerade bei sehr echten und ehrlichen Begegnungen, kann ich immer wieder etwas für mich mitnehmen, Diese Menschen machen mich durch ihre Art aufmerksam auf das, was ich auch an mir ändern, fördern und entdecken will. Es gibt so viele wunderbare Menschen.

Ich liebe es, mich ständig fortzubilden: Atemtechniken, mentales Training, das Sprechen im Tonstudio. Die Tätigkeit als Sprecherin liegt mir sehr, nicht zuletzt deswegen, weil sie ein sehr genaues und diffiziles Arbeiten verlangt. Aktuell bilde ich mich im Bereich Film fort.

Dann bin ich noch zur Yogalehrerin ausgebildet und wenn die Zeit dafür reif ist, möchte ich Yoga auch gerne weitergeben. Yoga ist der größte Ausgleich in meinem Leben, es führt mich immer näher zu mir.

Ich kann mir nicht vorstellen, jemals mit dem Lernen aufzuhören, das wird nie geschehen, schon gar nicht in diesem Beruf. Da ich mit meinem Körper, meiner Stimme und mit all dem, was ich bin, arbeite, ist Stillstand unmöglich.

Angenommen ich wäre völlig unbewandert in der Kunst und wüsste nicht, was eine Schauspielerin macht, wie würdest du mir deinen Beruf erklären?

Ich schlüpfe in Geschichten. Ich identifiziere mich so stark mit Anteilen, die in mir sind, dass ich Geschichten nachempfinden kann, die ich selbst nicht oder anders erlebt habe. Das lasse ich zu und zeige es anderen Menschen. Oder ich kreiere selbst Geschichten. Egal welche Rolle, welches Thema, ich schaue immer, was hat es mit mir zu tun.

Die meisten Emotionen habe ich schon erlebt, manche genauso, manche in einer anderen Form oder in anderer Intensität, aber ich kann auf sie zurückgreifen, mein Körper hat sie abgespeichert. Ich arbeite generell gerne über und mit dem Körper. Er erinnert sich viel besser, als ich es je mit meinem Hirn vermag.

Meine Arbeit ist eine Kombination aus bewusster analytischer und technischer Auseinandersetzung, dann aber wieder das komplette Aufgeben des „Kopfgesteuerten“.

Auf der Bühne oder bei einem Dreh, denke ich im Idealfall nicht mehr, sondern lasse nur noch zu, weil alles Technische vorab passiert und gespeichert ist. Ich empfinde Vorbereitung als extrem wichtig, damit ich dann ganz im Moment sein kann.

Erzähle mir bitte etwas über die Künstlerin Birgit Fuchs, was sind deine Motive, welche Engagements nimmst du an, wie erarbeitest du eine Rolle?

Ich habe den Wunsch mit dem, was ich tue, Menschen zu erreichen, nicht nur an der Oberfläche, sondern tief in ihrem Inneren. Es geht mir darum, dass durch meine Arbeit etwas in den Menchen ausgelöst wird, sie sich mit neuen Themen auseinandersetzen, dass sie hinterfragen und sich ihre eigene Meinung bilden können. Insofern bedeutet es mir sehr viel Künstlerin zu sein, weil ich mich damit selbst und meinen Wunsch etwas anzuregen ernst und wichtig nehme.

Ob ich ein Projekt annehme oder nicht hängt stark mit den Menschen zusammen, die involviert sind und mit dem Inhalt. Natürlich spielt auch die Bezahlung eine Rolle, denn ich lebe ja davon und muss den wirtschaftlichen Aspekt miteinbeziehen.

Es gehört zu meinem Wesen an und über Grenzen zu gehen, dabei ist Veränderung die einzige Konstante in meinem Leben und auch meine einzige Sicherheit. Ich bin immer da, wo ich das Gefühl habe, dass es richtig und wichtig ist.

Wenn mich eine Figur sehr interessiert, bin ich daher auch bereit Dinge zu akzeptieren, die mir zunächst nicht so zusagen. Denn dann kann ich gar nicht anders, als mich hineinzustürzen. Da ist die Neugierde so stark, da braucht es zunächst keinerlei Überwindung – die kommt dann, wenn es um das Erlernen des Textes geht. Ich bin immer froh, wenn ich mich mit einem Text über einen längeren Zeitraum beschäftigen und ihn durch unterschiedliche Herangehensweisen und ständige Wiederholung vorbereiten kann, sodass er dann „einfach“ in mir ist. So bin ich auf der Bühne dann viel, viel freier.

Habe ich also eine Rolle angenommen, dann ist da schon etwas, das mich unmittelbar berührt, so als hätte sie etwas mit mir zu tun und gäbe es eine innere Anbindung. Es ist einerseits etwas Unsichtbares, das mit Energien und Schwingungen zu tun hat, andererseits bin ich, wie schon gesagt, ein sehr analytischer Mensch und beschäftige mich sehr gerne und lang mit Worten, Sätzen, Subtexten, mit Körperlichkeit.

Manche Seiten von uns zeigen wir ja nicht allzu gern, diese einfließen zu lassen hat viel mit Mut zu tun und mit Selbstannahme, mit Aufgeben und Loslassen. Weil es uns sicherer scheint, alles mit dem Verstand zu steuern, vermeiden wir es lieber ein Risiko eingehen und Fehler zu machen. Das birgt aber die Gefahr in sich, dass wir zumachen und eine Wand errichten, die die anderen dann spüren, wenn wir auf der Bühne stehen. Das Technische, die Stimme, die Aussprache, die Rhythmik und die Bewegungen können da noch so gut und perfekt sein, es berührt uns nicht wirklich. Es bleibt ein Abstand.

Ich möchte mich immer mehr trauen aufzumachen, jegliche Angst vor Blamage und Scham sein zu lassen. Es ist dieses Neue, das mich fasziniert. Dieses immer auf die Suche gehen, jede Vorstellung ist etwas anders, weil immer andere Menschen da sind, weil ich immer anders bin. Jeden Tag sind wir anders, wenn auch nicht grundlegend, aber doch.

Bei einer Stückentwicklung ist das wieder etwas ganz anderes, da wächst der Text ohnehin mit den Proben mit.

Ich frage mich immer wieder, warum ich tue, was ich tue. Momentan kann ich nur antworten: Ich kann nicht anders. Es waren immer schon extreme Situationen, die ich gesucht habe, wobei jede Aufführung ein Extrem für mich ist. Ich bin dann so nervös und weiß nicht, warum ich mir das antue, denn eigentlich will ich nur weglaufen. Das Gute ist – auch wenn ich das noch immer nicht wirklich glauben kann – dass man mir das äußerlich anscheinend nicht ansieht.

Mittlerweile habe ich mir aber auch einige Tools angeeignet, um damit besser umgehen zu können. Und dennoch frage ich mich oft: „Warum?“ Ich glaube, ich habe wohl etwas zu sagen und zu geben. Und sobald ich auf der Bühne bin, spüre ich das ganz eindeutig.

Du hast vorhin erwähnt, dass du die wirtschaftlichen Aspekte in deine Entscheidungen miteinbeziehst, wie gestaltet sich deine Einkommenssituation, kannst du von deiner Arbeit leben?

Ja, ich kann davon leben. Nicht sehr luxuriös, aber mir fehlt zurzeit auch nichts. Bei meiner Reise als Backpackerin habe ich erkannt, dass ich für ein erfülltes Leben wenig brauche. Trotzdem ändern sich auch meine Bedürfnisse und meine Zukunftsvisionen und das bedeutet dann eben auch höhere Fixkosten.

Momentan könnte ich meine Pläne noch nicht umsetzen, so übe ich mich in Geduld. Ich bin in dieser Branche noch nicht sehr lange tätig, aber ich habe durch meinen früheren Beruf den Vergleich und weiß, was es heißt gut zu verdienen, aber keine Zeit zu haben, um das Leben zu genießen. Ich mag mein aktuelles Leben und ziehe es bei weitem meinem alten vor.

Wo bist du zu sehen beziehungsweise wo werden die Stücke aufgeführt, in denen du mitwirkst?

Bis jetzt habe ich vor allem in Kärnten gespielt, da bin ich am besten vernetzt. In Klagenfurt wurde ich auch heuer wieder für zwei Produktionen engagiert.

Wahrscheinlich werde ich in diesem Jahr auch wieder in einer oder sogar in zwei Produktionen in Tirol dabei sein, worüber ich mich sehr freuen würde. Als geborene Steirerin würde ich gerne in der Steiermark spielen und natürlich auch in Wien. Da ich aber erst kurz vor dem ersten Lockdown nach Wien gezogen bin, war bis jetzt wenig Vernetzung möglich, auch wenn ich in manchen Theatern „vorgemerkt“ bin. Es würde mich sehr freuen, wenn bald etwas zu Stande käme.

Wie ist dein augenblickliches Lebensgefühl wie erlebst du die „Coronazeit“ und die Pandemie?

Es ist eine Kombination aus einem bewussten Wahrnehmen und einem immer wieder aufflackernden Traumgefühl. Wenn ich in der U-Bahn fahre und in die Augenpaare über den Masken blicke, wird mir bewusst, dass ich nur in solchen Momenten so richtig erkenne, was seit so vielen Monaten passiert. Aber ich denke, es ist auch ein natürlicher Schutz, dass wir das alles nicht immer ganz nahe an uns heranlassen, denn wenn das so wäre, würden wir wahrscheinlich alle durchdrehen.

Prinzipiell erlebe ich diese Zeit dennoch mit einem großen Vertrauen und mit Annahme. Es war für mich persönlich auch keine Überraschung, dass wieder einmal „was Ärgeres“ passieren musste. Die Geschichte lehrt uns ja, dass immer wieder Herausforderungen und auch immer wieder einmal neue Krankheiten kommen.

Ich versuche kritisch zu bleiben, also nicht wegzuschauen oder alles so hinzunehmen und mich auszuliefern, aber dennoch mein Gefühl von innerer Ruhe und Vertrauen aufrecht zu halten.

Ich meditiere mehr und meine Atemtechniken helfen mir immer wieder zu mir selbst zu finden.

Dieses Zitat von Franz von Sales, das ich sehr mag, fällt mir zur jetztigen gesellschaftlichen Krise ein: “Du darfst auf keinen Fall deinen inneren Frieden verlieren, auch dann nicht, wenn die ganze Welt aus den Fugen zu geraten scheint.”

Du möchtest durch deine künstlerische Arbeit etwas in den Menschen bewegen, gehören für dich von daher soziales Engagement und gesellschaftspolitische Themen und Kunst zusammen?

Ja und nein. Ja, weil ich es wichtig finde, dass Kunst die Aufgabe hat, sich direkt und engagiert sozialer, gesellschaftlicher und politischer Themen anzunehrnen, Missstände aufzuzeigen, Kritikfähigkeit zu fördern, auf- und anzuregen. Ich finde aber, Kunst darf auch „nur“ schön sein, oder „nur“ unterhalten – und im selben Moment frage ich mich, ob das in der Kunst überhaupt möglich ist oder ob nicht immer ein tieferes Thema mitschwingt?

Welche Themen sind für dich relevant, gibt es ein wiederkehrendes Motiv, das sich duch deine künstlerische Arbeit zieht?

Hmm, ja, wenn ich so zurückdenke, dann ist es das Thema „Frau sein“ in all seinen Facetten, das mich bewegt. Das beginnt bei der Auseinandersetzung mit der Liebe, dem Körper, den Idealen, dem Perfektionismus, der Sexualität und geht über die Frage der Gleichberechtigung bis hin zu dem traurigen Thema Gewalt an Frauen. Generell interessiere ich mich für starke kraftvolle Frauenfiguren. Auch das Thematisieren von Klischees, von Schubladendenken, von problematischen Vorurteilen und Rollenbildern zieht sich wie ein roter Faden durch meine künstlerische Arbeit.

Und dann sehne ich mich zwischendurch nach etwas „luftig Leichtem“, das beglückt, die Fantasie anregt, Vertrauen schenkt und oder zum Lachen bringt.

Ganz intensiv habe ich meine eigene künstlerische Kreativität bei meinem ersten Projekt, das ich künstlerisch ganz alleine umgesetzt habe, entdeckt. Dadurch, dass ich die Regie gemacht habe, gleichzeitig selbst die Schauspielerin, die Bühnenbildnerin und die Kostümbildnerin war, war das zwar eine riesige Herausforderung, aber dieses Projekt ist durch und durch das, was der Text mit mir gemacht und bei mir ausgelöst hat.

Wen es interessiert, ich habe auf meiner Homepage dazu einen Beitrag geschrieben:

https://www.birgitfuchs.eu/2021/08/18/begierde-und-fahrerlaubnis-von-elfriede-jelinek/

Hast du an „wichtigen“ Festivals teilgenommen oder einen Theaterpreis gewonnen?

Nein. Festivaleinladungen stehen zwar im Raum, es ist aber noch nichts offiziell. Zu Preisen in der Kunst fällt mir ein Podcast ein, den ich vor Kurzem gehört habe, dort wurde darüber geredet, dass Preise im Bereich Kunst sehr „sinnbefreit“ sind, weil ein künstlerisches Werk nie objektiv beurteilt werden kann, sondern immer nur die Sichtweise einer einzelnen Person oder einer Jury ist. Das leuchtet ein, es ist ja bei Kritiken auch so. damit sind wir auch schon wieder bei der Frage: „Was ist Kunst? Und wer darf beurteilen, was gute und was schlechte Kunst ist?“

Nun habe ich noch eine Frage in Bezug auf dein Privatleben, lebst du in einer Beziehung, hast du Kinder und wenn ja, sind diese für dich – auch in Bezug auf deine künstlerische Tätigkeit – wichtig?

Ich lebe aktuell in keiner Beziehung und habe auch keine Kinder. Aber das Kindsein und Kinder sind mir generell – auch in Hinblick auf meine künstlerische Tätigkeit – wichtig. Ich versuche mich immer wieder an mein eigenes Kindsein zu erinnern und mich in Kinder hineinzufühlen. Kinder sind direkt, sie sind im Jetzt, Kinder sind ehrlich, Kinder sind aufmerksam und sie sind neugierig. All das will ich so oft wie möglich als Künstlerin und als Mensch sein – obwohl das wahrscheinlich überhaupt nicht zu trennen ist. Neugierde ist mein größter Motor, wenn es um Kreativität, Fantasie, Leichtigkeit und Glück geht.

Und zum Schluss möchte ich dich noch fragen, was möchtest du noch erreichen, gibt es Pläne und Ziele für die Zukunft? Welche Motive und Hoffnungen treiben dich an?

Mein Ziel ist es, auf meinem Weg, der mir und meinem Innersten entspricht, immer mehr Ruhe zu finden. Mich gefestigter zu fühlen, in dem was Erfolg für mich bedeutet und nicht gesellschaftlichen Rollenbildern oder Erwartungen entsprechen zu versuchen. Ja, das ist eine tägliche Herausforderung. Ich weiß, dass sich mein Leben noch ein paar Mal verändern könnte, weil mich so vieles interessiert und fasziniert. Auch darin will ich Ruhe finden, nicht alles im Leben machen zu müssen.

Ich möchte in Zukunft gut von dem, was ich tue und schaffe, leben können, glaube aber, dass das ohnehin passiert, wenn ich meinem Weg und mir selbst vertraue. Wir leben in einer sehr privilegierten Gesellschaft und limitieren uns immer nur selbst. Die Hoffnung, die mich antreibt ist, tatsächlich etwas zu bewirken. Menschen etwas zu geben, zu helfen und ich glaube, das geht nur, wenn man sich selbst gibt, auf welche Art und Weise auch immer und sich dabei nicht selbst verliert.

Infos:

Website: https://www.birgitfuchs.eu/

Erste eigene Inszenierung:

https://www.birgitfuchs.eu/2021/08/18/begierde-und-fahrerlaubnis-von-elfriede-jelinek/

Showreel und About me: https://www.birgitfuchs.eu/videos/

Sprachproben: https://www.birgitfuchs.eu/audio/

Facebook: https://www.facebook.com/BirgitFuchsSchauspielerin

Instagram: https://www.instagram.com/fuchsschauspielerin/

Styriak: https://www.styriak.at/

Fotos: Mario Eder, Walter Pobaschnig

Author: Mona May

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