Mit eigenen Worten: Lotte Hubmann

Lotte Hubmann im Gespräch mit Mona May

Mit einer erfrischenden, mich sehr berührenden Offenheit, erlaubt uns Lotte Hubmann Einblicke in ihre Biografie, die ein noch besseres Verständnis ihres Wesens, ihres Anliegens und ihrer Kunst ermöglichen: Lotte Hubmann, die eine um eineinhalb Jahre jüngere Schwester hatte, wurde 1954 in der Südsteiermark geboren. Ihre Eltern waren Postbeamte. Allerdings ließ sich ihre Mutter, als sie drei Jahre alt war, scheiden. Somit gab es, wie sie sagt, den Vater mehr oder weniger nicht mehr. Am Besten ich lasse sie gleich selbst zu Wort kommen, denn sie hat noch einiges mehr, sehr Prägendes über ihre Kindheit und ihr Leben zu erzählen. Das Wort ist also bei ihr:

Mona May: Erzähl doch bitte etwas über dein Leben und über dich selbst.

Lotte Hubmann: Wir wohnten mit meinen Großeltern in einem Einfamilienhaus mit einem großen idyllischen Garten mitten im Ort. Mein Großvater, der Lungenkrebs im Endstadium hatte, wurde vom Krankenhaus zum Sterben nach Hause geschickt, wo er von meiner Großmutter gepflegt wurde und noch eineinhalb Jahre lang lebte. Als mein Großvater starb, war ich sechs Jahre alt. das war ein sehr einprägsames Ereignis und ich trauerte in aller Heimlichkeit lange um ihn. Somit wuchsen ab da meine Schwester und ich in einem reinen Frauenhaushalt auf, wir waren zwar sehr behütet, wurden aber auch mit aller Strenge erzogen. Wobei die Erziehung hauptsächlich unserer tüchtigen, resoluten Großmutter oblag. Sie führte den Haushalt, während meine Mutter ihrem Beruf als Postbeamtin nachging und in ihrer Arbeit aufging. Sie war für die damalige Zeit, eine sehr selbstständige und emanzipierte Frau. Von uns beiden war meine Schwester die Lebendige, Lustige und Sportliche. Ich hingegen zog mich immer schon gerne in meine eigene innere Welt zurück und galt als Sammlerin und Träumerin. Zeichnen war eine Lieblingsbeschäftigung von mir und ich betätigte mich in vielerlei Hinsicht gerne kreativ. Unser Garten und Dachboden erlaubten uns, dass wir mit Freundinnen Theater spielten oder begehbare Kartonhäuser bauten. Das war einfach herrlich. Und wir liebten die Natur, oft gingen wir mit unserer Großmutter in den Wald. Bis zu meinem neunten Lebensjahr – da wurde das Haus umgebaut – bevölkerten auch noch Katzen, einige Hasen, Hühner und ein Schwein unser Haus. Bis zu meinem Schuleintritt war ich ein sehr schwächliches und blasses Kind mit einer sensiblen, durchscheinenden Haut. Ich war sehr dünn, oft schwer krank und ängstlich. Das änderte sich aber ab dem ersten Schultag. Da blühte ich auf und teilte mit, dass ich Lehrerin werden wolle. Ab diesem Zeitpunkt begann eigentlich erst mein Leben, an das ich mich bis zu meinem vierzigsten Lebensjahr bewusst erinnern konnte. Vieles aus meiner früheren Kindheit war sehr verschüttet und erst später offenbarte sich mir so manche Traumatisierung.

(MM: Sie erzählt so spannend und lebendig, also unterbreche ich sie gar nicht mit langen Fragen oder Kommentaren, sondern höre einfach nur zu.)

LH: Uns wurde sehr viel ermöglicht, obwohl unsere Mutter Alleinverdienerin war. Wir bekamen Klavierunterricht und ich durfte nach der Volksschulzeit nach Leibnitz ins Gymnasium gehen, obwohl damals noch alles selbst bezahlt werden musste. Der Besuch des Gymnasiums war mit drei Stunden Busfahrt täglich verbunden, was natürlich für mich Freiheit bedeutet hatte und so entwickelten sich langsam meine eigenen Lebensvorstellungen. Ich durchlebte eine aufregende Zeit mit Beatles, Rolling Stones, Mini-, Midi- und Maxirock. Bereits mit dreizehn, vierzehn Jahren begann ich alles selber zu nähen, mein Zimmer mit Flohmarktmöbeln einzurichten, alles orange zu streichen und selbst zu gestalten. Ab der Oberstufe suchte ich mir einen Ferialjob, um mein eigenes Geld zu verdienen. Eine Woche nach meiner Matura hatte meine Mutter eine dramatische Kopfoperation wegen eines Tumors, die sie als erste Patientin überlebte. Danach war sie halbseitig gelähmt. konnte jedoch mit einem entsprechenden Training und der Hilfe meiner Großmutter wieder halbwegs gut gehen. Ihr wurde eine ehrenamtliche Aufgabe, nämlich die Pfarrkanzlei zu führen, übertragen. Wieder unter Leuten sein zu können, das war für sie total wichtig und wir waren froh, dass sie dort ihre Erfüllung finden konnte. Psychisch war sie nicht mehr sehr belastbar, Aufregungen konnten epileptische Anfälle auslösen und somit waren keine Diskussionen mehr über irgendwelche Probleme, die mein Leben oder das Leben meiner Schwester betrafen, möglich.  Ich war glücklich, dass ich die damals neu installierte sechs-semestrige Ausbildung zur Hauptschullehrerin mit den Fächern Bildnerische Erziehung und Englisch an der Pädagogischen Akademie der Diözese Graz-Seckau in Eggenberg machen durfte. Noch viel lieber hätte ich zwar die Kunstakademie in Wien besucht, aber das war nicht gestattet, ich sollte etwas Ordentliches lernen. Im Nachhinein betrachtet hatte aber alles seine Richtigkeit, denn die Ausbildung in Bildnerischer Erziehung in Eggenberg war hervorragend und heute sehe ich diese Fügung als Segen und wirkliches Geschenk. Zum ersten Mal war mein kreatives Tun etwas wert, ich wurde gefordert und gefördert, sodass ich nach der Ausbildung sofort in Graz an der Privaten Hauptschule der Schulschwestern am Kaiser Franz Josef Kai angestellt wurde.  Dort konnte ich das Fach Bildnerische Erziehung ganz neu aufbauen, indem ich mit der Neuen Galerie eine intensive Zusammenarbeit pflegte und den Schulversuch Museum und Schule installierte, der über sechs Jahre erfolgreich lief. Die Schule war für mich eine zweite Heimat geworden, mit den Kolleginnen ging ich in den Ferien auf Expeditionsreisen. Wir reisten nach Afghanistan, Syrien, Irak, Jordanien, Ägypten, Tunesien, Algerien, Spanien, Mexiko und Kalifornien. Der plötzliche Tod meiner robusten fünfundsiebzigjährigen Großmutter, die bis dahin alles gemanagt hatte, versetzte mir und meiner Schwester 1979 einen ordentlichen Schock. Bis zu ihrem Tod, war unsere Welt scheinbar heil. Jetzt wurde uns bewusst, dass eigentlich sie unsere Mutter war. Uns blieb keine Zeit zum Trauern, denn wir mussten jetzt für unsere Mutter da zu sein, die von diesem Zeitpunkt an immer wieder ins Krankenhaus und wieder und wieder operiert werden musste. Die Sorge um unsere Mutter hatte mich und meine Schwester sehr miteinander verbunden, umso härter traf es mich, als ich 1983, auf meiner Heimreise von Algerien, vom Suizid meiner Schwester erfuhr. Das war der größte Schock meines Lebens. Drei Monate danach starb meine Mutter am Geburtstag meiner Schwester an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ich war neunundzwanzig Jahre alt und blieb als einzige von meiner Familie übrig. Dabei galt ich immer als die Schwache, die in den Sternen Lebende – von da an musste ich vollkommen alleine weiterleben und die Trauer irgendwie bewältigen und Verantwortung übernehmen. Es war für mich eine sehr schwierige Zeit. Für meine Verwandten war ich eine Exotin, mit der sie nicht wirklich etwas anfangen konnten. Der einzige Anker waren die Schule und die Kunst. Dann musste ich 1985 mein Heimathaus verkaufen, um mir ein Zuhause in Graz einrichten zu können. Schicksalshaft kam ich von 1986 – 1993 wieder in meine Heimat zurück, wo ich mich, während meiner Beziehung mit Gernot Baur, mit der archaischen Seite des Grenzgebietes auseinandersetzen durfte.

(MM: Ich bewundere sie für ihre Stärke und dann sagt sie genau das, was ich eingangs über sie geschrieben habe – und da habe ich noch nichts über sie gewusst, sondern mich nur mit ihrer Arbeit beschäftigt:)

LH: Der Kreislauf des Lebens: das Geboren-werden, das Vergehen, das Sterben, das Neu-werden und die Beschäftigung mit dem Tod und der Transformation, das sind meine Lebensthemen geworden, die ich in meiner Kunst zum Ausdruck bringe. Allerdings hat die frühe Konfrontation und die Auseinandersetzung mit dem Tod und dem Abschiednehmen-müssen, mir viel von meiner jugendlichen Unbeschwertheit und dem Freiheitsdrang genommen.

MM: Wie und wann hast du denn dein Talent entdeckt?

LH: Zeichnen und später alles, was mit Bildnerischer Erziehung zu tun hatte, war von Anfang an mein Lieblingsgegenstand. Sehr früh habe ich mir schon Kunstbücher gewünscht und wir hatten auch Künstlerbiografien Zuhause, diese Bücher haben mich in ihren Bann gezogen. Besonders begeisterten mich Michelangelo und Vincent van Gogh. Oder, als ich 1975 zum ersten Mal in der alten Tate Gallery in London die William Turner Collection und den Marc Rothko-Raum mit den dunkelroten Gemälden gesehen habe, sind diese Malereien irgendwie durch meinen Körper durchgelaufen. Die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts hat mich damals besonders beschäftigt und fasziniert. Im Gymnasium genoss ich den sehr guten Unterricht in Bildnerischer Erziehung und ich maturierte auch in diesem Fach. Dort hatte ich meinen ersten sehr wichtigen Lehrer, an den ich mich gerne erinnere, er hieß Prof. Gert Christian. Danach waren es an der Pädagogischen Akademie meine charismatischen Lehrer Prof. Manfred Gollowitsch und Prof. Gustav Zankl, wie auch Prof. Dimitriou von der TU, UD Dr. Werner Fenz und Prof. Heinrich Pölzl, die mich sehr geprägt haben. Die Ausbildung in Bildnerischer Erziehung an der Pädagogischen Akademie in Eggenberg (Graz) war generell großartig. Das praktische Arbeiten in Verbindung mit fundierter Wissensvermittlung und mit Kunstbiennale-Besuchen in Venedig und Documenta-Fahrten nach Kassel, das war einzigartig in ganz Österreich.

MM: Wie fandest du dann deinen weiteren Weg in die Kunst beziehungsweise zu dir als Künstlerin?

LH: Die Kunst gehört zu meinem Leben, sie ist mein Leben. Sie berührt mich, sie ließ mich schwerste Zeiten überleben, sie hat mir immer wieder Kraft gegeben. Ich war schon sehr früh total neugierig auf Ausstellungen und wollte große Museen sehen. Ich scheute wirklich keine Mühe: So ging es nach der Matura per Autostopp nach Wien, wo ich alleine alle Museen, Opern- und Theaterhäuser besuchte. Oder am Beginn meines Studiums, da hatte ich kaum Geld in der Tasche, reiste ich mit Rucksack und Schlafsack ausgerüstet, zur Grafikbiennale nach Ljubljana und mit dem Zug nach London, wo ich von Jugendherberge zu Jugendherberge pilgerte. Ich fühlte mich, wie schon erwähnt, von der Kunst des 20. Jahrhunderts total beseelt und wollte alles aufsaugen, was es an Kunst gab. Den stärksten Impuls für mein eigenes, intensives Kunstschaffen bekam ich, als ich 1991 mit meinem damaligen Partner, dem Tiroler Zeichner Gernot Baur, der zur Künstlerklausur nach Israel eingeladen wurde, mit dabei sein durfte. Mein Dabeisein war vorerst vollkommen absichtslos, aber als ich die Wüste, die wunderbaren Faltengebirge, die mich so stark faszinierten, sah und auch noch Farben geschenkt bekam, da begann ich von Frühmorgens bis Spätabends zu malen. Es war um mich geschehen und aus meinem tiefsten Inneren meldete sich eine laute Stimme, die mich bekräftigte und mir sagte: „Es steht Dir zu!“ 

Mein eigenes Tun hatte ich, während der Beziehung mit Gernot Baur, mit dem ich sieben Jahre lang an der steirisch-slowenischen Grenze in der Abgeschiedenheit lebte, vor lauter Hochachtung vor der freischaffenden Tätigkeit bereits verworfen gehabt. Die Krise nach der Künstlerklausur war wohl vorprogrammiert: ich litt an schlimmsten Allergien und wollte nur noch malen. Nach meiner ersten Einzelausstellung 1993 war auch die Beziehung zu Ende. Zur gleichen Zeit begann ich mit der schmerzhaften Aufarbeitung meiner Familiengeschichte. Denn zehn Jahre nach dem Tod meiner Mutter, begann mein Körper zu rebellieren, indem ich alle nur erdenklichen Allergien bekam. Da mir kein Arzt helfen konnte, stellte ich mich der Aufarbeitung meiner Familiengeschichte und all meiner Traumata. Ich verließ die Südsteiermark endgültig und landete eher zufällig auf dem Südpilion in Griechenland. Das war 1993. Dorthin zog ich mich alleine in den Sommerferien für neun Wochen zum Malen und Fotografieren zurück. Der Pilion ist mir, bis auf einige wenige Unterbrechungen, zur zweiten Heimat und zum Sommerarbeitsplatz geworden. Von 2001 – 2004 absolvierte ich dann eine Ausbildung in Mal- und Gestaltungstherapie bei Erwin Bakowsky in Wien und die Meditationsausbildung in München bei Pat Angove. Das tat mir richtig gut. Aber dann schlug das Schicksal erneut zu, nach Beendigung meiner Ausbildungen hatte ich 2004 zwei schwere Unfälle. Es grenzte an ein Wunder, dass ich diese Unfälle einigermaßen heil überstand und mir quasi ein zweites Leben geschenkt wurde. Mit fünfzig Jahren nach über neunundzwanzig Dienstjahren konnte ich in Frühpension gehen. Langsam baute ich mir meine KUNST:KREATIV:WERKSTATT mit meinen spürMAL&schau-WORKSHOPS auf und reiste wieder nach Griechenland, wo sich in Form von Ausstellungsmöglichkeiten einige Wunder ereigneten, sodass ich 2008 sogar für neun Monate am Pilion sein und vor Ort mein Plastik-Projekt FINDING OBJECTS & COLOURS umsetzen konnte. Ich war gerade wieder am Pilion, diesmal ohne Ausstellungsstress. In den letzten zwei Jahren habe ich dort ausgestellt, was sehr aufwändig war, aber die Liebe zum Pilion ist so groß, dass ich das mit viel Freude und Dankbarkeit getan habe. Diesmal hatte ich mehr Zeit zum Reflektieren, zum Kraftschöpfen und zum Nachdenken über neue Projekte.

MM: Was kannst du mir über deine Arbeit erzählen?

LH: Die Beobachtung der Natur in ihrem ständigen Wandel ist für mich wichtig. Ich möchte von unserem Dasein, unserem Umfeld, unserer Umwelt, der Erde, von mir selbst, von meinem Inneren etwas zeigen. Einen Ausdruck auf einer bildhaften Ebene finden, meine Blickwinkel und Fragmente des Lebens in unterschiedlichen Medien, über die Fotografie oder die Malerei, die Zeichnung, et cetera, sichtbar machen. Dem Spüren und den Spuren in der Natur und des Lebens nachzugehen, das ist es, was mich reizt. Das Unscheinbare, das scheinbar Unwichtige, einen kleinen Ausschnitt, die Spuren und Strukturen des Lebens interessieren mich, diese herauszuarbeiten; das Leben ganz allgemein mit seinen Licht- und Schattenseiten zu beleuchten und meine Fragestellungen in eine entsprechende Bildsprache zu übersetzen.

MM: Was bewegt dich inhaltlich, welche Materialien reizen dich, was greifst du auf und womit arbeitest du thematisch?

LH: Mittlerweile glaube ich wirklich, dass ich mich am Dasein abarbeite, ob an dem meinen oder allgemein an unserem. Ob es meine Haut ist, die mir einige Jahre große Probleme bereitete, die ich als Metapher für den Kreislauf des Lebens betrachte. Oder das gesamte Farbspektrum, das Licht und den Schatten, die ich immer wieder versuche auf unterschiedlichen Ebenen auszuloten. Es geht mir immer um das Suchen nach der Ganzheit – es beginnt irgendwo und ein Gedanken- und Gestaltungsprozess setzt sich in Gang. Irgendwie ist es ein Recyclingprozess einer Ausgangssituation: es kann zum Beispiel ein Material sein, das mich inspiriert, oder es ist einfach ein bestimmtes Material vorhanden, das ich bearbeite, wie beispielsweise meine Wellkartons, die mich ganze fünf Jahre lang gefesselt haben und noch nicht wirklich ausgestellt wurden.

Das Werden und das Vergehen ist mein Lebensthema geworden – und so geht es in meinen Arbeiten immer um den Kreislauf des Lebens. Die Frage, was ist unser Sein, unser Dasein – damit arbeite ich und suche nach Antworten und stückle Fragmente zu neuen Gebilden zusammen. Aber es fließen auch meine Sichtweisen in Bezug auf die Umwelt, meine Einstellung zu Frieden und Toleranz in meine Arbeiten ein. Es geht mir um den Transformationsprozess, in all den unterschiedlichen Medien, die zum Einsatz kommen und die ich dann zum Raum in Beziehung setze.“ Nach einer kurzen Pause fügt sie an: „Hinzu kommt, dass sich die Entwicklung meiner Arbeit oft durch Einladungen zu irgendwelchen Projekten und Ausstellungen von ganz alleine ergibt, da diese häufig Themenvorgaben haben. Aus jedem Projekt ergibt sich wieder eine Weiterentwicklung und so endet mein Arbeitsprozess nie – es geht immer zyklisch weiter.

MM: Kannst du von deiner künstlerischen Arbeit leben?

LH: Nein, davon könnte ich überhaupt nicht leben, ich habe mir noch nie überlegt, ob eines von meinen Werken in irgendein Wohnzimmer passen könnte. Gott sei Dank habe ich ja das Privileg, eine Pension aus meiner Kunsterzieherinnentätigkeit beziehen zu können. Das ist immerhin ein Basiseinkommen, wofür ich sehr dankbar bin, auch wenn es sich knapp ausgeht und ich lernen musste, mit meinen Existenzängsten umzugehen. Es ist nicht immer einfach, nicht angepasst zu sein, aber ich könnte nicht anders und ich schätze es sehr, frei zu sein. Das Gut der Freiheit, das würde ich nicht mehr eintauschen wollen.

MM: Wie schaut es mit dir und einer eigenen Familie aus?

LH: Von meinen drei Beziehungen, erzählt sie mir, war offenbar keine bis zu meinem Lebensende vorgesehen, daher lebe ich seit elf Jahren alleine. Da ich keine Familie mehr habe, sind mir meine Freunde wichtig und vor allem, dass ich die Heimat in mir selbst gefunden habe und mich mit mir und den anderen wohlfühlen kann.

MM: Hast du Kinder?

LH: Nein, ich habe keine Kinder, was wohl auch seine Richtigkeit hat, denn ich wäre sicherlich mit all meinen damaligen Dramen sehr überfordert gewesen.

MM: Lotte, was wünscht du dir für die Zukunft?

LH: In erster Linie möchte ich gesund und fit bleiben. Mich in Disziplin üben und achtsam mit mir und meinem Körper umgehen, um noch so manch größeres Projekt umsetzen zu können. Und ich will mich am Leben erfreuen, mich einfach an meinem Leben freuen.

MM: Und in Bezug auf deine Arbeit, was wünscht du dir da?

LH: Es sind Ausstellungen für November und das nächste Jahr in Planung. Natürlich hoffe ich, dass ich auch einmal etwas von meinen Arbeiten verkaufen kann, um weiterarbeiten zu können. Leider bin ich selbst ja keine Verkäuferin und das erschwert die Sache, aber ich wünsche mir wirklich, dass ich noch einige größere Projekte an schönen Orten umsetzen kann und dass meine Arbeit eine breitere Anerkennung findet.

Author: Mona May

2 thoughts on “Mit eigenen Worten: Lotte Hubmann

  1. Welch großes Geschenk, wenn nach einem Leben voller Schocks, ja Traumata, Verletzungen und schmerzvoller Enttäuschungen der bergende Hafen des künstlerischen Schaffens zu wachsen beginnt.
    Nur die sensible und mutige Auseinandersetzung mit den Unbillen dieses Lebens können zu jenem immer berührenden künstlerischen Ausdruck in Lotte Hubmanns Werken führen.
    Danke!

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