Film: Gedanken zum Abschied

Eine Rezension von Mona May

Gedanken zum Abschied

ein Film von Veselý Marek mit Gerhard Schifko

 

Bei „Gedanken zum Abschied“ war mein Gefühl, eine Welt zu erschaffen, die jeder Mensch erlebt hat oder womöglich erleben wird. Dabei ging es mir um Gefühle und Emotionen, die man sich nicht traut auszusprechen und in sich aufbewahrt, um jemanden, den man liebt, zu beschützen.

Veselý Marek

 

Die Formel „Weniger ist mehr“, geht angeblich auf einen der bedeutendsten deutschen Architekten der Moderne, nämlich auf Ludwig Mies van der Rohe, zurück. Aber sie könnte genauso gut von Veselý Marek stammen, der sie gekonnt, ohne Kalkül und vor allem ohne Kompromisse einzugehen, anzuwenden weiß. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen, denn er präsentiert uns mit seinem neuen achtzehn minütigen Kurzfilm „Gedanken zum Abschied“ ein ergreifendes menschliches Porträt, das zutiefst bewegt und zu berühren vermag, zuweilen aber auch verstörend sein kann.

Am 06.11.2020 ist er damit auf einigen Social-Media-Kanälen online gegangen, der charaktervolle Gerhard Schifko wurde von Veselý als Hauptdarsteller engagiert und ich muss sagen, seine Wahl hätte nicht vortrefflicher sein können. Die einfühlsame Komposition und Musik von Jack7Port trägt das ihrige zu dem stimmungsvollen und atmosphärischen Werk bei, das Veselý auch als einen „Monolog in völliger Einsamkeit“ bezeichnet. Dem kann ich nicht ganz zustimmen, denn es ist vielmehr das Zwiegespräch eines Sterbenden, der das letzte Mal das Grab seiner verstorbenen Frau besucht, um von ihr Abschied zu nehmen. Er weiß, er wird nicht mehr kommen. Er weiß, es ist ein Abschied für immer.

Es sind seine letzten Worte, die er an sie richtet, mit denen er ihr seine Gedanken und Gefühle, die ihn sein ganzes Leben lang verfolgten, mitteilt, und die auch uns in ihren Bann ziehen. Und die uns nicht zuletzt Dank der großartigen Schauspielkunst von Gerhard Schifko an der Hand nehmen und uns mitnehmen, selbst dann, wenn wir uns sträuben und lieber am Rande des Geschehens, als Zaungäste stehen bleiben würden.

Schon alleine der Beginn, wenn er dasitzt, wenn er einfach nur, wie ein in sich zusammengesunkener Berg dasitzt. Dieser Mann. Und dann langsam zu sprechen beginnt, als suche er die Worte in sich. Und sich mit jedem Wort und mit jeder Geste das pure Menschsein zu entfalten beginnt und sich die ganze Tragik eines gelebten Lebens offenbart, trifft uns das mit voller Wucht. Lässt man sich auf „Gedanken zum Abschied“ ein, dann wird man unweigerlich hineingezogen, in dieses Gefühl tiefster und abgründiger Einsamkeit.

 

Diese Art von Film, ist eine Rarität und etwas sehr besonderes, weil er das, was wir gerne voreinander verbergen, sichtbar macht und es nicht zu vertuschen versucht.

Der Film Veselýs, der sowohl das Drehbuch geschrieben als auch Regie geführt hat, kommt ohne Schnitte aus und wurde mit nahezu nur einer Kameraeinstellung gedreht. Aber der Film besticht gerade durch seine Schlichtheit und die Radikalität der Reduktion auf das Wesentliche, denn dadurch gibt es keine Ablenkungen, die uns erlauben würden, uns in Nebenschauplätzen zu verlieren. Zudem hat Veselý geschickt und mit einem ausgeprägten psychologischen Fingerspitzengefühl in „Gedanken zum Abschied“ die fünf Phasen der Trauer eingebaut: Leugnen, Zorn, Verhandeln, Depression und Akzeptanz.

Mein Resümee

Veselý hat ein aufwühlendes Werk voller Tiefgang und Traurigkeit und doch voller Liebe zum Menschlichen geschaffen, das in seiner Aussagekraft pur und unsentimental nichts beschönigt und uns doch, gerade wegen seiner Aufrichtigkeit mit Hoffnung und einem Ja zum Leben zurücklässt.

Ich wünsche Veselý Marek und seinen „Gedanken zum Abschied“ viel Erfolg und viele Zuseher_innen, die sich genauso vom diesem Film ergreifen lassen, wie ich es getan habe.

Regie & Drehbuch: Vesely Marek

Darsteller: Gerhard Schifko

Co-Produzentin: Isabella Mika

AC & Gaffer: Richard Belicky

PA: Robin Max Reisenauer

Musik: Jack7Port

Nähere Infos:

Veselý Marek: www.veselyfilms.com

Ein kleines Extra:

Für alle, die jetzt neugierig geworden sind und ein klein wenig mehr über den Drehbuchautor, Regisseur und Produzenten Veselý Marek, sowie über den Hauptdarsteller Gerhard Schifko. wissen wollen, gibt es hier noch einige biografische Details.

Veselý Marek

Er wurde am 14.09.1996 in der Slowakei geboren. Dort besuchte er den Kindergarten, bevor er Ende August 2000, also kurz vor seinem vierten Geburtstag, nach Wien übersiedelte. Nach der Pflichtschule absolvierte er ebenfalls in Wien eine Lehrausbildung im Bereich Werbung und Marktkommunikation. Während seiner Ausbildung begann er sich intensiv mit der Werbe- und Filmproduktion zu beschäftigen. Nach seinem Abschluss im Jahr 2018 gründete er in Österreich seine eigene Multimediaagentur und die Filmproduktion Vesely Films. Im selben Jahr produzierte Veselý Marek seinen ersten Langspielfilm mit dem Titel „Harmonie“. Im „Coronajahr 2020“ hat er mit mehreren Kurzfilmen experimentiert und sich auf sein Regie-Langspielfilm-Debüts vorbereitet: der Spielfilm Jonas, der im nächsten Jahr gedreht werden soll. Veselý arbeitet hauptberuflich als Werbe- und Filmregisseur.

Von Kindesbeinen an

Soweit die offiziellen Daten, die ja bereits einiges an Ungewöhnlichem beinhalten, so verwundert es nicht, dass sich sein Talent schon im zarten Alter von zwei Jahren gezeigt hat, als er das erste Mal mit der Kamera seiner Tante gefilmt hat. Ganz nach dem Motto „Früh übt sich, wer ein Meister werden will.“ Erfreut erzählt er, dass es diese Aufnahmen sogar noch gibt. Mit fünf Jahren habe er mit der Fotografie begonnen, hauptsächlich weil es für seine Mama ein günstigeres Hobby war, als Sport, erinnert er sich. In der Volksschule, da war er zwischen sieben und acht, wurden die ersten filmfähigen Handys eingeführt und so hat er damit die ersten kleinen Filme gedreht. Als er mit ungefähr zehn Jahren einen Camcorder geschenkt bekommt, wird er zum Dokumentarfilmer: seine bevorzugten Motive sind die Stadt Wien, alles, was mit der Natur zu tun hat und die Urlaube seiner Familie.

Vom Lego zum Film

Mit elf Jahren leiht er sich kurzentschlossen – weil er noch keinen PC zur Verfügung hat – die Nokia seiner Mutter und filmt, schneidet und bearbeitet Lego-Stopmotionfilme, die er dann als Videos über das Wlan seines Nachbarn auf YouTube hochlädt. Zu seinem zwölften Geburtstag schenkt ihm seine Mutter für die Schule ein Notebook, mit dem er das Schneiden lernt. Darüber sagt er: „Das Programm Movie Maker war mein Anfang und damit war dann auch das produzieren der Lego Videos um vieles einfacher.“ Ein Jahr später, also mit dreizehn, beginnt er mit einigen Schulkollegen mit dem Camcorder Kurzfilme zu drehen. Und dann sagt er: „Kam eine Pause, eine sehr lange, wegen der Schule und privaten Ereignissen. Erst mit achtzehn Jahren habe ich dann in meiner Lehrausbildung wieder zum Film gefunden.“

Zum Glück, denn ich bin mir sicher, dass uns Veselý Marek noch mit einigen großen Filmen erfreuen und uns zum Nachdenken anregen wird.

Gerhard Schifko

Gerhard Schifko kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Er kam am 02.01.1956 in Eisenerz in der Steiermark zur Welt, dort besuchte er auch die

Schule und legte die Matura ab. Wegen seinem Medizinstudium und einer Gesangsausbildung zum klassischen Tenor, wechselte er anschließend seinen Wohnort und zog nach Wien.

Er bestritt nicht nur österreichweit und in Italien zahlreiche Auftritte in Konzerten, sondern absolvierte neben seinem künstlerischen Werdegang auch noch eine Ausbildung zum Facharzt für Unfallchirurgie. Fünfzehn Jahre lang arbeitete er im damals neu eröffneten SMZ-OST, bevor er ins Schwerpunktspital Mistelbach wechselte, wo er fast zehn Jahre als leitender Oberarzt tätig war.

Künstlerischer Werdegang

Eines seiner ersten Engagements war in der Operetten-Company der Johann Strauss Gesellschaft. Nach seiner Schauspielausbildung an der Open Acting Academy of Vienna, wurde er ins Ensemble des angeschlossenen Theaters Black Box aufgenommen, wo er einige Jahre spielte. Darüber erzählt er Folgendes: „Ich wurde von Stephan Perdekamp sehr gefördert, er war nicht nur der Direktor des Hauses, sondern einer meiner wichtigsten und besten Lehrer, dem ich viel zu verdanken habe.

Mehrere Jahre später brach er zu neuen Ufern auf und gründete eine eigene Schauspielgruppe, das Ensemble Bacchus war geboren. Auch wenn das Ensemble nur aus zwei Leuten bestand, nämlich aus ihm und Andrea van Treeck, war es sehr erfolgreich. Die beiden adaptierten und spielten das gesamte Werk Loriots für die Bühne, aber auch diverse Zweipersonenstücke. Darunter fanden sich zum Beispiel Stücke von Kupriyanov und das Stück Natasha des russischen Autors Alexander Vvedensky. Gerhard Schifko erinnert sich an diese Zeit: „Ein wirklich sehr schräges Stück, das damals fast einen kleinen Skandal auslöste.“

Des Weiteren spielte er in einigen Folgen der ATV Reality Show Guserl und in einigen Kurzfilmen mit, in Leben im Kopf war er in einer Hauptrolle zu sehen.  Zu seinen erfolgreichen Soloprogrammen, die unter anderem oft im kleinen Theater der Bar Wien im Keller gespielt wurden, gehören Stücke wie Heiterzeit und eine Hommage an Helmut Qualtinger mit Gary Lux am Keyboard.  Vor zirka sechs Jahren erkrankte Gerhard Schifko mit einem Tumor am Stimmband, der mit Bestrahlungen behandelt wurde. Zwei Jahre kämpfte er um seine Stimme und hat gesiegt. Heute ist er wieder gesund.

Vorsichtig und langsam kehrte er nach seiner Erkrankung wieder auf die Bühne zurück und zwar in Form von Lesungen. Der Geschäftsführer Gunnar Grässl des Antiquariats Belle Arti war einer der ersten, die ihm die Gelegenheit boten, eine Lesung in seinen Räumen abzuhalten. Diese Lesung fand so guten Zuspruch, das Schifko dort dann auch seinen großen RilkeAbend mit der Akkordeongruppe Akkordionix gab.

Und dort im Antiquariats Belle Arti fand auch der allerletzte Auftritt der großen Elfriede Ott statt, bei dem Der Panther von Felix Mitterer halb szenisch gelesen wurde, mit Gerhard Schifko in der Rolle des Neffen. Bald darauf lernte Schifko bei einem kurzen Filmdreh Marek Vesely kennen, der ihn sofort für seinen Kurzfilm „Gedanken zum Abschied“ castete.

Author: Mona May

1 thought on “Film: Gedanken zum Abschied

  1. Als ich Marek bei einem Dreh traf und er mich sofort für sein Werk castete, war ich zunächst erfreut. Welch phantastischer Filmemacher er ist, begriff nach Erhalt des Drehbuchs, dass ich mich unter seiner Regie besonders wohl fühle, erkannte ich dann schnell!
    Dieser Film ist etwas Besonderes! Vollkommen unbeeinflusst von Mainstreamüberzeugungen, geht dieser Film eigene Wege, die tabulos die letzten Dinge thematisieren.
    Als Mona May uns fragte, diesen Film in ihrem großartigen Künstlermagazin vorzustellen und einen Bericht zu schreiben, der an Brillanz, scharfsinnigem Betrachten und größtem Fachwissen keinen Wunsch offenlässt, waren wir sofort dazu bereit!
    Ja mehr noch. Ich danke von Herzen für ihr grosses Interesse und Anerkennung. Ich spreche hier auch im Sinne von Marek!
    Liebe Mona, allen Dank der Welt, und großen Dank an die vielen Interessierten, die unseren Film ansehen und sich für unsere Arbeit interessieren! Vielen Dank!

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